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Fortsetzung von Erich Kästners "Emil und die Detektive"

Fortsetzung von Erichs Kästners "Emil und die Detektive"

Laura Schürmann und Laura Gorecka haben für das Seminar "Die Zwanziger Jahre - Literatur in der Weimarer Republik" im Sommersemester 2024 eine Fortsetzung von Erich Kästners "Emil und die Detektive" geschrieben. 


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Nach dem ganzen Hin und Her kam Emil endlich zuhause an. Er setzte sich an den Küchentisch, wo seine Mutter bereits mit einem besorgten Gesicht auf ihn wartete. „Emil, mein Schatz, ich habe mir solche Sorgen gemacht, was ist bloß passiert?” Emil verspürte großen Druck. Er wollte seiner Mutter alles auf einmal erzählen und wusste gar nicht, wo er beginnen sollte. Er wollte aber auch gelassen wirken, sodass seine Mutter sich nicht noch mehr Sorgen machen musste. „Mama, bleib unbesorgt, ich bin doch wieder da! Und das ist doch die Hauptsache, oder?”

Die Mutter nickte verständnisvoll und war davon beeindruckt, wie reif Emil für sein Alter wirkte. So eigenständig, als machte ihn die Reise nach Berlin zu einem kleinen, jungen Mann. „Aber nun erzähl mir die ganze Geschichte von Anfang an. Großmutter meinte, du sagst es mir schon selbst”, sagte die Mutter gespannt.

Emil überlegte nervös, was er ihr erzählen sollte und begann schließlich so: „Also, ich habe im Zug nach Berlin einen Jungen aus Berlin kennengelernt. Und…, sein Name ist Gustav und ihm wurden im Zug von einem Mitreisenden 140 Mark gestohlen. Das konnten wir unmöglich auf uns sitzen lassen.” Seine Mutter war schockiert und machte große Augen. „Im Zug? Na sowas! Was habt ihr dann gemacht? Habt ihr die Polizei informiert?“

„Nein, Mama. Erstmal sind wir nicht zur Polizei gegangen. Wir haben den Dieb gemeinsam verfolgt. Gustav hat dann noch weitere Freunde aktiviert und so konnten wir den Dieb am Ende umzingeln und stellen. Dann haben wir die Polizei dazu geholt. Wir haben das erst so spät gemacht, weil wir die Befürchtung hatten, dass uns Kindern keiner den Diebstahl glauben würde. Es war aber ein richtiges Abenteuer und wir haben alle zusammengearbeitet wie richtige Erwachsene. Polly Hütchen war auch mit dabei und hat uns unterstützt. Sie hat ganz fleißig Wurstbrote geschmiert, damit wir zu keinem Zeitpunkt unseres Abenteuers hungern mussten. Außerdem hat sie zur Feier unserer gelungenen Verfolgungsjagd den weltbesten Käsekuchen gebacken, den wir dann alle gemeinsam verspeisten. Ebenfalls war Polly unsere Kontaktfrau zu den Erwachsenen, was sie wirklich großartig gemacht hat, wie eine richtige Lady hat sie sich benommen.” Emils Mutter wusste gar nicht, ob sie sich freuen oder aber sauer sein sollte, dass Emil in eine solche Verfolgungsjagd mit reingezogen wurde. „Emil mein Kind, das klingt ja richtig aufregend. Umso mehr freue ich mich, dass du nun wieder sicher bei mir bist.” Emil schaute verlegen und nervös nach unten, was seine Mutter direkt bemerkte. „Gibt es noch etwas, was dich bedrückt, Emil? Du schaust so traurig.”

„Mama, du weißt ja, dass ich immer versuche, ehrlich zu dir zu sein, oder?” „Aber natürlich, so kenne ich dich doch. Stets ehrlich und aufrichtig, ganz wie die Mama!” In diesem Moment wusste Emil, dass er sie nicht weiter anlügen konnte. Ein wahrer Detektiv und Held muss auch Mut beweisen, um die Wahrheit aussprechen zu können, dachte er sich.

„Ja, also…”, stutzte Emil vor sich hin, „die Geschichte stimmt. Es gab wirklich eine Verfolgungsjagd, mit Polizei und so! Nur…war es nicht Gustav, der bestohlen wurde, sondern ich!”, sagte Emil schnell und suchte mit dem Blick das Weite. „Aber Emil, das heißt, dass du in Gefahr warst und dir das Geld im Zug gestohlen wurde?”, antwortete die Mutter schockiert und wurde plötzlich ganz blass. „Ja Mama, aber ich schwöre dir, dass ich eigentlich gut auf das Geld aufgepasst habe! Es war gut versteckt. Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie er das nur…”, rechtfertigte sich der kleine junge Mann und wurde immer leiser.

Seine Mutter wollte jedes Detail wissen und sorgte sich sehr. Sie entschied sich allerdings die Geschichte ruhen zu lassen, zumindest für heute Abend. Emil ist jetzt wieder bei ihr und das ist das Wichtigste. Stattdessen schaute sie kurz mit einem strengen Blick auf Emil, schüttelte den Kopf und sagte: „Ach Emilchen, was mache ich nur mit dir. Etwas sauer bin ich ja schon. Aber du kleiner Held, hast es mal wieder geschafft, alleine und anscheinend auch mit einer ganzen Gruppe von kleinen Detektiven, ein Problem zu lösen. In der nächsten Zeit fährst du aber erstmal kein Zug mehr, ja?”, forderte die Mutter schon fast ironisch und leicht schmunzelnd, obwohl sie sich bereits selbst Vorwürfe machte, Emil alleine losgeschickt zu haben.

„Natürlich, Mama! Ich passe jetzt doppelt so gut auf und falls doch was passiert, dann weiß ich jetzt genau, was zu tun ist, dann machen wir den Kerl…”, redete sich Emil in Rage und wurde direkt von seiner Mutter unterbrochen: „Hey, jetzt spar’ dir aber die Energie für morgen, ja? Jetzt essen wir erstmal, denn Emil und die Detektive haben sich nun auch eine kleine Pause verdient.“ Die Mutter zwinkerte Emil zu und ging zur Küche, um das fertige Abendessen zu holen, Königsberger Klopse, Emils Lieblingsessen. Emil war erleichtert, dass er seiner Mutter doch die Wahrheit erzählt hat. Jetzt weiß auch seine Mutter, was Emil und seine Detektive geleistet haben, wenn auch nur einen Bruchteil davon. An dem Küchentisch sitzend konnte sich Emil selbst auch gar nicht vorstellen, was da draußen alles los war und wahrscheinlich jetzt noch los ist. So viele Fälle, die Emil mit seinen neuen Freunden noch lösen könnte. Für heute heißt es aber: Energie sparen und die Familienzeit genießen. Die Welt kann auch noch bis morgen warten.