Ob James Dean oder Ché Guevara, Götz von Berlichingen oder Ulrike Maria Stuart, Pussy Riot oder Edward Snowden: Ausgehend von einem intuitiven Verständnis, das durch fiktionale wie reale ‚Rebell*innen‘-Figuren und deren Darstellung in Texten, Bildern und anderen Medien geprägt ist, hinterfragten die Teilnehmer*innen gängige Posen, sprachliche Wendungen und wiederkehrende Charakterzeichnungen. Schnell wurde klar, dass der Begriff ein breites semantisches Feld aufschließt, in dem positive wie negative Konnotationen stets von dem wertenden Standpunkt abhängen und Zuschreibungen wie ‚Freiheitskämpfer*innen‘, ,Märtyrer*innen‘, ‚Revolutionär*innen‘ oder ‚Terrorist*innen‘ vor dem Hintergrund einer politischen Agenda gewählt werden. Unter den immer wieder fallenden Stichworten ‚Inszenierung‘, ‚Etikettierung‘ und ‚Selbst- vs. Fremdwahrnehmung‘ identifizierten die Teilnehmer*innen mediale Strategien, die von den verschiedenen Interessengruppen im Umgang mit Rebell*innenfiguren benutzt werden, um diese in einer bestimmten gesellschaftlichen Situation zu verherrlichen oder zu dämonisieren, wahlweise zu Held*innen oder Volksfeind*innen zu erklären.
Dieser Ambivalenz in der Instrumentalisierung der rebellisch handelnden Person gingen einige Studierende des MA NDL im Rahmen einer Selbstorganisierten Arbeitsgruppe nach, indem sie ausgewählte Figuren aus Literatur und Film jeweils aus der Perspektive ihrer Befürworter*innen und Feind*innen betrachteten: Wie wird Sophokles‘ Antigone vom thebanischen Volk, wie vom Herrscher Kreon wahrgenommen? Ist die Handlungsweise des namenlosen Protagonisten aus Christian Krachts Faserland als rebellisch zu betrachten? Wie würden in Albert Camus‘ Der Fremde der fanatische Staatsanwalt, ein linker Journalist und Meursault selbst seinen Mord an einem Araber bewerten? Sind die Motive von Henrik Ibsens Badearzt Dr. Thomas Stockmann in Ein Volksfeind die eines wahrheitsliebenden Bürgers oder wirtschaftlichen Saboteurs? Und wie viele ‚Gesichter‘ können sich die ikonische Maske aus dem Film V wie Vendetta zu Nutze machen? Mit Fotos, Collagen und Zeichnungen einerseits, imaginierten Zeitungsartikeln, Manifesten oder Fortsetzungen der Primärtexte andererseits entwickelten die Studierenden Inszenierungsmöglichkeiten für beide Seiten und stellten diese auf Plakaten zusammen, die zurzeit im Flur des 4. Stock im Conti-Hochhaus ausgestellt werden.